Geschichten die das Berufsleben schrieb...

Aus der Erinnerung frei nacherzählt, Seitenhiebe sind nicht auszuschließen

Hier finden Sie in nicht chronologischer Reihenfolge, Geschichten, Anekdoten, wie sie mir während der Bearbeitung wieder in Erinnerung gekommen sind. Auf der jeweiligen Seite wird die Geschichte nur kurz erwähnt. Wenn mir dazu mehr als nur ein paar Worte einfallen und ich sie für erzählenswert halte, wurde ein Textlink auf diese Seite engefügt und ich erzähle die ganze Geschichte. Ob sie für lesenswert ist, muß jeder für sich entscheiden. Es kann dabei durchaus passieren, das Kollegen aus der Vergangenheit, natürlich ohne Namen, in ihrer Rolle die sie dabei spielen, erwähnt werden. Das kann positiv, aber auch durchaus kritisch gemeint sein. Sollte jemand meinen sich wiederzuerkennen, wird das kein Zufall sein. Wer sich angepisst fühlt, sollte versuchen, sich die Geschichte zurück ins Gedächtnis zu rufen und sein eigenes Verhalten aus der Distanz noch einmal hinterfragen.

Ein Gespräch unter acht Augen

Nachdem den Mitarbeitern der Foxboro-Eckard in Stuttgart, Ende 2008 mitgeteilt wurde, dass der Standort Stuttgart im Jahr 2009 geschlossen wird, mehrten sich gleich zu Beginn des Jahres die Gerüchte, dass eine neue Firma gegründet werden soll, die im Auftrag von Foxboro-Eckardt die Betreuung der PLS80E Systeme übernimmt. Markus und ich bekamen einen kurzen Besuch von Herrn Schneller, dem möglichen neuen Gründer, der uns die Frage stellte, ob wir und grundsätzlich vorstellen könnten, den Service in dieser noch zu gründenden Firma zu übernehmen. Was wir ersteinmal bejahten. Ich hatte aber zu diesem Zeitpunkt noch die Idee, mich evtl. Selbstständig zu machen. Später bekamen wir dann eine Einladung zu einem acht Augen Gespräch. Teilnehmer waren der damalige Foxboro-Eckard Deutschland Chef, Herr Konermann, und Herr Schneller. Das Gespräch fand an einem eher ungewöhnlichen Ort, einer versteckten Ecke im Erdgeschss des gelben Bau, statt. Bei diesem Gespräch wurden wir gefragt, ob wir bereit sind den PLS80E Service zu übernehmen. Ob die Aussage "Ohne eure Zusage wird es diese neue Firma nicht geben", uns unter Zugzwang setzen, oder an unsere Eitelkeit appelieren sollte, wer weiß das schon. Es wurde auch die Frage über die grundsätzliche zusammensetzung der Firma diskutiert. Wir wurden nach konkreten Namen gefragt, wen wir uns da vorstellen könnten. Es sind verschiedene Namen aus den Bereichen Engineering und Reparatur gefallen. Ob auch PLS80E Entwickler dabei sein sollten, war ein Thema das heftig diskutiert wurde. Nach Ende dieses längerees Gespräches, das sicherlich eine Stunde oder länger dauerte, sagten wir zu. Was wir vergaßen war, konkret über unser Gehalt und die Bereitschaftsvergütung zu sprechen.

Das stellt sich später als großer Fehler heraus. Die Gehaltsverhandlungen fanden mit Herrn Schneller statt, bei dem wir, im Nachhinein zuviel, Verständnis für die Situation der neuen Firma zeigten. Das wir uns auf eine Gehalt eingelassen haben, dass bei 80% des letzten Focboro-Eckardt Gehaltes lag, war dabei noch zu verschmerzen. Beim Thema Bereitschaftsvergütung ließen wir uns auf "Laßt uns doch ersteinaml sehen wie die Kunden uns als Firma annehmen.". Ein durchaus verständliches Argument, aber wir hätten eine zetliche Befristung für Bereitschaft ohne Vergütung festlegen müssen! Den Tag an dem wir das nachgeholt haben, werde ich nie vergessen. Er hätte beinahe dazu geführt, dass ich bei ESR-Systemtechnik gekündigt hätte.

An dieser Stelle eine Ergänzung, die mir persönlich sehr wichtig ist. Ohne das Vertrauen der PLS80E Kunden, hätte die ESR-Systemtechnik niemals so lange überlebt.

  • ESR-Fellbach
 
 
aussen_2009

ESR-Systemtechnik bekommt ein Zuhause

Nachdem Ende 2008, Anfang 2009, die Gründung einer Firma zur Betreuung des Prozessleitsystems PLS80E beschlossen war, bekamen Markus und ich von Herrn Schneller den Auftrag uns um passende Räumlichkeiten zu kümmern. Diese sollten, zentral und für alle Mitarbeiter gut erreichbar sein. Sie sollten PLatz bieten für die sieben Mitarbeiter, ca. ein Dutzend Systemschränke, alle vorhandene Ersatzteile von PLS80E, die notwendige Einrichtung für die Reparaturabteilung und 1000 andere Dinge. Zusätzlicher Platz für mögliche weitere Mitarbeiter Arbeitsplätze sollte vorhanden sein. Das gestaltete sich nicht ganz einfach, aber nachdem wir uns unterschiedliche Räumlichkeiten angesehen hatten, fiel die Entscheidung im Januar 2009 für die Räumlichkeiten in Fellbach, Waiblinger Straße 56. Die roten M auf den Scheiben sind noch letzte Zeugen vom Vorgänger. Was leer sehr groß aussah, entpuppte sich in späteren Jahren als gerade noch ausreichend.

Die Büromöbel wurden von Foxboro-Eckardt, als Leihgabe, zur Verfügung gestellt, wobei es sich um die Möbel vom Standort Stuttgart handelte. Aus diesem Grund bekamen sie alle einen entsprechenden Aufkleber. Ich erinnere mich noch das sie nicht so recht halten wollten. Als im Jahr 2023 entsprechende Insolvenzaufkleber angebracht werden mussten, waren diese alten Schildchen kaum zu entfernen, dass sie überklebt wurden.. Der Umzug war ein kleines Abenteuer für sich und wurde durch eine Entrümpelungsfirma aus Esslingen durchgeführt. Diese hatten, Markus und ich schon gefunden, als es darum ging das Gebäude am Standort Stuttgart mit all seinen Lagern leer zu räumen. Die Frage, ob sie uns auch beim Umzug nach Fellbach helfen können, haben sie natürlich bejaht. Die zukünftigen ESR-Mitarbeiter standen zwar inzwischen fest, aber aktiv am Umzug beteiligt, haben sich außer den Profis, nur Bernhard, Hubert, Markus, Herr Schneller und ich. Der Rest hat sich nur sporadisch mal sehen lassen. Der Umzug lief grundsätzlich super, auch wenn es bei den Systemschränken, trotz Lastenaufzug, schwierig war sie an ihre vorgesehenen Stellplatz zu transportieren. Dabei waren die Jungs von der Entrümpelungsfirma eine wirkliche Hilfe. Ich würde ja Werbung für diese Firma machen, aber im Netz finde ich sie nicht mehr.

Und die Regelklappe war doch kaputt

Wenn regelungstechnische Logik auf hohe Kosten trifft. Die Temperatur im Kühlwasserkreislauf an einem Hochofen erreichte immer wieder ihrem Grenzwert. Und obwohl die Regelklappe 100% auf anzeigte, war die angezeigte Wassermenge eindeutig zu klein. Die einfache Regelstrecke bestand eigentlich nur aus einer Temperatur- und Wassermengenmsmessung, einer Regelklappe mit elektrischem Antrieb (etwa 600mm Nennweite) mit Stellungsrückmeldung und einem elektrischen Regler. Da die Wassertemperatur in mehreren Abschnitten gemessen wurde, und alle Werte logisch zueinander passten, kam, außer der Messung der Kühlwassermenge, nur eine defekte Regelklappe als Fehlerursache in Frage. Deshalb wurde als erstes die Messeinrichtung für die Wassermengenmessung, mit schwerem Atemschutz und bei laufendem Hochofen vor Ort, auf ca. 100m Höhe, geprüft. Diese Prüfung war ohne Befund. Das Ergebnis wurde so den Schlossern mitgeteilt, die aber darauf bestanden das die Klappe in Ordnung sei. Unser Befund war aus unserer Sicht zwar eindeutig, aber eine mechanische Kontrolle der Regelklappe bedeutete einen Stillstand des Hochofens mit entsprechendem Produktionsausfall. Wahrscheinlich aus diesem Grund wurden von oben erst einmal weitere Maßnahmen angeordnet: Werkstattkontrolle der Messeinrichtung Wassermenge, ohne Befund. Austausch gegen ein Neugerät, weiterhin ohne Erfolg. Kontrolle, dann Austausch der elektrischen Stellungsrückmeldung. Alle diese Arbeiten führten nicht zum Erfolg. Jetzt blieb nur noch ein Hochofenstillstand um die Klappe mechanisch zu überprüfen. Das Ergebnis war ungewöhnlich, wenn auch zu erwarten. Die Regelklappe ist im Grunde nichts anderes als eine große runde Scheibe mit einer Welle in der Mitte die über ein Getriebe mit dem elektrischen Antrieb verbunden ist. Diese Verbind war gebrochen und die Klappe hatte sich bei etwa 20% verklemmt hatte. Damit auch von außen die Stellung der Regelklapüpe beurteilt werden kann, haben sie einen außen montierten Doppelzeiger, der die Klappenstellung repräsentiert. Bei dieser Regelklappe hatten diese Zeigeranzeige und die Stellungsrückmeldung eine eigenständige Verbindung zum Antrieb, die weiterhin funktionierte. Dadurch sah, von außen betrachtet, alles in Ordnung aus. Die Aussage der Schlosser hatte sich immer nur auf diese Zeigeranzeige bezogen. Sogar ihre Aussage, die mit einer Entschuldigung verbunde war, konnte ich nachvollziehen. "Wenn wir einen Stillstand beantragen um so eine große Regelklappe zur Kontrolle auszubauen und es zeigt sich, dass sie in Ordnung ist, haben wir ein großes Problem. Ihr braucht keinen Stillstand und das bisschen Messen ist ja schnell erledigt." So kann man es auch sehen...

Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft

Ein vielleicht seltsames Zitat, wenn es um die beruflishce Zusammenarbeit geht, aber doch trifft sie den Kern der Sache. Die Basis dazu, dass Markus und ich ein Team wurden, liegt etwa 25 Jahre zurück. Markus kümmerte sich damals in Fellbach um die Installation der ersten LWS, die unter dem Betriebssystem Solaris liefen, mit denen ich noch nicht viele Erfahrungen gemacht hatte. Aber bei einem großen Kunden im Raum Köln gab es diverse Problem, was Franz Buschkühl, den Chef vom Service, auf die Idee brachte, uns beide mit den Worten nach Köln zu schicken:"Markus kennst sich mit den LWS gut aus, Peter hat die Erfahrungen im Umgang mit Kunden. Die beiden werden das schon machen". Wir kannten uns zwar, hattem aber bisher kaum miteinander zu tun. Wir packten also alles zusammen was wir für notwendig hielten, inkl. der Solaris Installationssoftware. Von der gemeinsamen Autofahrt sind mir zwei Momente in Erinnerung geblieben. Der erst war, als wir von der Autobahn die ersten großen Industriebauten sahen und Markus in einer Mischung aus Überraschung und Begeisterung reagierte, der zweite dann auf der Heimreise als wir die Grenze zu Baden-Wuerttemberg wieder überfahren haben. Die Arbeit am ersten Tag beim Kunden war wenig erfolgreich. Anstatt zumindest eine LWS wieder funktionsfähig zu machen, schafften wir es eine weitere außer Betrieb zu setzten. Abends an der Hotelbar als Markus seine erstes Kölsch aus einem Regenzglas getrunken hatte, dann aber auf Hefeweizen umstieg, das es zu seine Überraschung auch gab, kamen wir erstmals ins Gespräch. An diesem ersten Abend war es weniger privat, aber wir teilten die Meinung, dass wir am nächsten Tag erfolgreicher sein werden. Nachdem wir ein paar Telefonate zur technischen Unterstützung geführt hatten, und gemeinsam das für und wider einzelner Arbeiten besprochen hatten, konnten wir nach und nach alle LWS wieder zum Laufen bringen. Obwohl unser erster gemeinsamer Einsatz eher unspektakulär war, hatten wir wohl trotzdem einen positiven Eindruck hinterlassen.

Es dauerte nicht lange, wir wurden wieder auf einen gemeinsamen Einsatz nach Köln geschickt. Das Hotel mit der durchgehend offenen Bar war leider ausgebucht. Das Hotel das wir dann buchten hatte weder Bar noch Restaurant, und nach diesmal erfolgreicherem ersten Arbeitstag suchten wir uns ein Restaurant, was an dem Tag nicht so einfach war. Schlie0lich fanden wir eine Mischung aus Kneipe und Restaurant und unser gemainsames Schicksal nahm seinen Lauf. Obwohl wir beide eigentlich (wieder) Nichtraucher waren, fiel nach dem Essen die Bemerkung "Jetzt könnte ich eine Zigarette vertragen.". Worauf meine Reaktion: "Da vorne steht ein Automat...", folgte. Und dann begann die, für unser späteres Zusammenarbeiten, wichtige Diskussion. Es trafen ein waschechter Schwabe und ein Arbeiter aus dem Ruhrpott aufeinander, denen schon von Geburt an, eine unterschiedliche Mentalität mitgegeben wird, weshalb mich wahrscheinlich seine Argumentation zum Thema Offenheit am meisten überraschte. Denn die Antwort von Markus machte mich sprachlos: "Ich will doch nicht das, wenn wir zurück sind, jeder weiß dass ich wieder geraucht habe und sich die Leute das Maul zerreißen.". Ich glaube, einen Moment lang wußte ich nicht was ich dazu sagen sollte, antwortete dann aber so: "Wie kommst du auf die Idee, dass ich das was heute Abend hier passiert irgerndjemandem erzähle wenn wir zurück sind? Das geht doch keinen etwas an?" Daraufhin schilderte er mir seine persönlichen Geschichten aus dem Schwabenland, von Eckardt und seinen Mitarbeitern. Manchmal blieb mir nicht mehr als ein ungläubiges Kopfschütteln. Inzwischen hatten wir uns entschieden Zigaretten zu kaufen und noch das eine oder andere Bier zu bestellen. Schnell löste sich die Stimmung und wir merkten, dass wir über die gleichen Dinge lachen konnten. Am Ende des Abends hatte Markus, so glaube ich noch heute, wußte Markus, dass er mir den Satz "Was am Biertisch erzählt wird, bleibt auch dort", glauben kann. Ich hoffe, heute nach etwa 25 Jahren, sieht er es nicht als Vertauensbruch wenn ich sie doch erzähle. Aber dieser Abend am Biertisch hat die Basis für über 20 Jahre tolle Zusammenarbeit geschaffen. Unser Gespräch war so intensiv, dazu das Nikotin und der Alkohol, das wir garnicht bemerkt hatten, wie spät es bereits eworden war und an allen anderen Tischen die Stühle schon hochgestellt waren. "Ich glaube die wollen das wir gehen". Also bezahlten wir und machten uns zu Fuß auf den Weg zurück ins Hotel. Wie gut wir wirklich als Team funktionieren, haben wir erlebt, nachdem wir im Jahr 2009 gemeinsam zur Firma ESR-Systemtechnik nach gewechselt sind. Und auch wenn ich mich hier nochmal wiederhole, dass wir überhaupt gemeinsam den Service für PLS80E gestemmt haben, haben wir Franz Buschkühl, zu verdanken. Oft haben wir uns gefragt, was ihn dazu gebracht hat, gerade uns beide gemeinsam nach Köln zu schicken und ob er vielleicht geahnt hat, das wir ein tolles Team sein können?

Herr R., Pförtner in Fellbach

Schon mein erster Arbeitstag im Schwabenland, begann ähnlich wie wie ich es schon von Krupp kannte, Stress mit einem Pförtner. Ich stellte am Morgen des 1. August 1988 meinen alten, schmutzigen Kadett B auf dem Firmenparkplatz direkt vor dem Hauptgebäude ab. Aber dass das schinbar nicht gern gesehen war, wußte ich natürlich noch nicht. Also ging ich, nervös aber freundlich gelaunt zum Pförtner, und fragte nach Herrn Buschkühl, meinem neuen Chef. Aber Herr R. (den Namen erfuhr ich später), begrüßte mich mit den Worten: "Da können Sie aber nicht stehen bleiben". Ich fragte zwar nach dem warum, wollte mich aber auf keine Diskussion einlassen, da ich sowieso ein gespaltenes Verhältnis zu Pförtnern hatte. Also wie ich ihn freundlich darauf hin das ich pünktlich zu meinem Termin erscheinen möchte, worauf er Herrn Buschkühl anrief und mich ankündigte, wobei er natürlich auch meinen Namen erfuhr. In den ersten Wochen und Monaten geriet ich immer mal wieder, wegen irgendwelcher Lapalien, mit ihm zusammen. Einmal rief er mich an, weil das Heck meine alten Opel 10 oder 20cm weiter nach hinten ragte, als bei allen anderen Autos. Es war ihm wohl wichtig, dass der Parkplatz direkt vor dem Hauptgebäude, einen guten Eindruck machte. Dazu gehörten auch seine regelmäßigen Bemerkungen, das ich mein Auto mal wieder wasschen sollte.

Irgenwann legte sich das und er begann mich freundlich, mit Namen zu grüßen, wenn er Dienst hatte. Das ging sogar soweit, dass er mir einmal einen nicht offiziellen Parkplatz zuwies, als ich von einer Dienstreise zurück kam. Ich war sehr verwundert und bedankte freundlich. Diese Freundlichkeit war nicht nur temporär sondern wurde alltäglich. Irgendwann wollte ich dann aber mehr über seine Sinneswandlung wissen. Dazu nutzte ich einen Nachmittag, als ich einmal wieder spät Feierabend machte und auch am der Pforte wenig los war. Bevor ich zur Auflösung komme, sollte ich sagen, das zu dieser Zeit die Kundenanrufe über die Zentrale liefen. In Fellbach war das zu dieser Zeit der Pförtner auch die Zentrale. Ich ging also zu seinem Pförtnerhäuschen und grüßte ihn freudlich und es ergab sich in etwa folgender Dialog: "Hallo Herr R., wir beide wissen das sie mich, als ich hier angefangen habe, nicht gerade freundlich behandelt haben. Aber das hat sich in letzter Zeit stark geändert, und ich bin neugierig was hat Ihre Meinung über mich geändert hat?". Meine direkte Frage, obwohl ich sie freundlich gestellt hatte, war ihm wohl ein bischen peinlich und er begann mit einer Entschuldigung. "Wissen Sie Herr Ruhm, ich kannte Sie ja nicht als Sie hier angefangen haben. Aber seitdem, wenn ich einen Anruf für den Service entgegen nehme, fragen fast alle Kunden immer nur nach Ihnen.". "Und das bedeutet für Sie was?". Diese Frage beantwortete er dann ein wenig umständlich. Aber reduziert auf einen Satz könnte man es so ausdrücken: "Wenn die Kunden soviel Vertrauen zu Ihnen haben, entspricht das sicher auch Ihrem fachlichen Wissen und meine erste Einschätzung, das sie überheblich sind, war wohl falsch". Danach wurde es gemütlicher Feierabendplausch der mit einer freundlichen Verabschiedung endete. Ich zog aber auch ein persönliches Résumé aus diesem Gespräch: "Peter, da hast du wohl bisher alles richtig gemacht".

Trotz übereifrigem Pförtner...

konnte ich ein Fotos der Villen machen, in denen einmal die hohen Herren von Krupp gewohnt haben. Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre hielt sich das Gerücht, das die alte kruppsche Villensiedlung [Wikipedia Artikel] abgerissen werden soll. Ich entschloss mich deshalb dazu, dieses Viertel und die Villen soweit wie möglich fotografisch festzuhalten. Vorweg sei gesagt, dass das Villenviertel öffentlicher Verkehrsraum war. Es gab weder Schilder mit einem Betretungsverbot, noch mit einem Fotografierverbot. Da ich in der Nähe wohnte, packte ich irgendwann meine Fototasche und machte mich zu Fuß auf den Weg. Aber ich hatte die Rechnung ohne die Pförtner gemacht, die praktisch genau in ihrem Häuschen gegenüber dieser Villensiedlung saßen. Was immer sie gedacht haben, als sie mich mit meiner großen Fototasche gesehen habe, sie sind sofort mit den Worten "Hier ist fotografieren verboten", auf mich losgestürmt. Pförtner 1 war dabei besonders unfreundlich und hatte sich kaum unter Kontrolle. Ich sage nur der Ton macht die Musik. Der zweite war besonnener. Als die heftige Diskussion mit Pförtner 1, ich mußte ihn sogar darauf hinweisen das Anfassen gar nicht geht, eskalierte, schlug Pförtner 2 vor, den Werkschutz zu informieren um zu klären ob Fotografieren im Villenviertel nun erlaubt ist oder nicht. Nach kurzer Zeit kamen zwei Werkschutzmitarbeiter und ich wurde freundlich gefragt ob ich bereit wäre mit Ihrem Chef zu sprechen, was ich freundlich bejahte. Inzwischen war ich sehr neugierig darauf wie das Ganze ausgehen würden. Der Chef vom Werkschutz war freundlich und ich habe ihm mein Vorhaben erläutert. Das Gespräch dauerte sicher eine knappe halbe Stunde und er mußte zugeben, das es keinen Grund gab, und schon garkein Verbot, die Villen zu fotografieren. Unser Gespräch endete damit, dass er mir sagte, ich solle die Pförtne darüber informieren das ich die Erlaubnis zum Fotografieren habe und es kein Fotografierverbot gibt. Aber wer den typischen Deutschen kennt, der eine Uniform an hat, ahnt vielleicht was dann passierte.

Ich betrat also das Pförtnerhäuschen, sagte mein Sprüchlein auf, und wollte gehen. Aber da hatte ich die Rechnung ohne Pförtner 1 gemacht. Er hielt mich, mich dabei mit derben Worten "das kann ja jeder beahaupten" der Lüge bezichtigte un mich am Arm fest hielt. Seinem jüngeren Kollegen, dem das sichtlich peinlich war, trug er auf, beim Wekschutz nachzufragen. Das Telefonat bestätigte natürlich meine Worte. Als er sich daraufhin Pförtner 1 mit den Worten "Ich tue ja nur meine Pflicht" entschuldigen wollte, musste ich grinsen, und habe die Entschuldigung mit den Worten "Das hätten sie aber auch freundlicher tun können" nicht angenommen. Daraufhin ist er fast ausgerastet, wollte sich über mich beschweren und hat mir wer weiß was hinterher gerufen denn ich habe ihne einfach stehen lassen! Ohne meine freundliche Hartnäckigkeit würde es die Fotos, ein Stück Zeitgeschichte, garnicht geben.

Grußkultur im Schwabenland (Ende der 1980er Jahre)

Das der Schwabe der persönlichen Begrüßung eine besondere Bedeutung zumisst, wurde mir erst bewusst, nachdem mich ein Kollege vom Service darauf hinwies. Mitarbeiter im Haus, besonders die in der Zweiten Etage, hätten sich bei ihm darüber beschwert, das ich überheblich wäre, weil ich ohne zu grüßen durch die Firma laufe. Diese zweite Etage muss man sich als eine Art große Montagehalle vorstellen, in der in unterschiedlichen Bereichen, unterschiedliche Arbeiten durchgeführt wurden. Die Anzahl der Mitarbeiter war dabei überschaubar. Ich war mir keiner Schuld bewußt aber hinterfragte erst einmal mein eigenes Verhalten.

Normalerweise begab ich mich Morgens direkt in die dritte Etage, steckte dort meine Zeiterfassungskarte entsprechend, und begab mich an meinen Schreibtisch. Personen denen ich dabei begegnete wünschte ich selbstverständlich einen Guten Morgen. Einen Großteil meiner Arbeit verrichtete ich aber auch in der zweiten Etage. Je nach Tageszeit, bin ich dort nicht zwangsläufig sofort jemandem begegnet. Das ergab sich oft erst im Laufe der Arbeitszeit aus unterschiedlichsten Gründen und das waren wohl die Momente in denen ich andere Mitarbeiter nicht so grüßte wie sie es erwarteten, übrigens nicht nur Schwaben. Nachdem mich mein Kollege nochmals darauf hingeweisen hatte wie wichtig diese Grußkultur im Haus von den Mitarbeitern genommen wird, entschied ich für mich "Wenn der Schwabe das so möchte, bekommt er es auch".

Also begann mein Arbeitstag in den nächsten Wochen und Monaten wie folgt: Zuerst wegen der Zeiterfassung in den dritten Stock, dann zu meinem Schreibtisch und meinem Chef zeigen das ich anwesend bin. Danach direkt in die zweite Etage. Hier habe ich jeden Mitarbeiter den ich finden konnte, mit einem Handschlag und einem "Guten Morgen", persönlich begrüßt. Innerhalb weniger Tage wechselte mein Ansehen vom "überheblichen Neuen" zum, ich zitiere Frau M., "...lieben Peter". Auch wenn mein bisheriges Verhalten eher durch das kumpelhafte Miteinander bei Krupp geprägt war, als durch durch Überheblichkeit, hatte ich doch trotzdem mal wieder etwas fürs Leben gelernt.